Gypsy's

cf ~> Straße

Kigan nahm in der Tat nicht gern Geschenke oder allgemein Hilfe an. Er konnte das alles ganz allein, er bat nie darum das man ihm half oder das man ihm etwas schenkte. Bisher hatte der Vampir immer dafür gearbeitet, dass er bekam was er wollte. Für ihn war es eben eine Schwäche – ob nun nicht mit Geld umgehen zu können oder etwas nicht hinzubekommen, weswegen er beispielsweise das Zaubern lieber unterlies wenn er konnte. Manch einer mochte es als „nett“ oder „zuvorkommend“ ansehen wenn jemand ihn fragte ob er helfen konnte, für Kigan bedeutete das allein, dass man es ihm nicht zutraute. Er trug eben den Stolz seines leiblichen Vaters in sich.
Bei Takai war es eine Ausnahme gewesen. Dessen Hilfe nahm er zwar nicht an, wohl aus dem Bewusstsein heraus das der Andere das beherrschte was er mit Müh und Not lernte und der Furcht davor sich bei ihm zu blamieren oder ihn gar zu verletzen, aber Geschenke waren da etwas anderes. Er wollte den Wolf eben nicht kränken – und dummer Weise hatte dieser auch noch so einen guten Geschmack was die kleinen Päckchen anging, die er ihm ab und an mitbrachte. Bei ihm war er sich sicher das er das nicht mit hämischen Gedanken tat. Und gerade diese Tatsache machte ihn dann doch jedes Mal verlegen.

Auf das wiedersprechende „Spinner“ Takai´s erwiderte Kigan nichts außer dem kurzen Hervorblitzen seiner Zungenspitze zwischen seinen vollen Lippen. Nicht das man ihn nachher für paranoid halten würde – auch wenn da etwas Wahres dran gewesen wäre.

Lieber beschäftigte sich der Jungvampir mit den vielen Gegenständen die hinter Glas in den Regalen lagen, von der Decke hangen oder an den Wänden befestigt waren. Es gab wirklich keinen Platz mehr der nicht von sich sagen konnte er würde kein verkäufliches Stück tragen. Hätte der junge Asiat nicht um den Laden und dessen Spezialitäten gewusst, hätte er selbst sagen können der abgelaufene Teppich unter seinen Füßen träge ein Preisschild. In der Tat hatte er von jedem der gesehenen Gegenstände auch gewusst, wofür sie gut sein sollten, denn immerhin musste er, wenn er schon magisch unbegabt war, ja irgendein Talent besitzen.

So musste er zum Beispiel nicht einmal das Schild lesen, dass um eine Tigerkralle die in ein Lederband gefädelt war, damit ihm ein Schmunzeln über die Lippen huschte.
„Die Kralle eines Albinotigers. Soll besonders jungen Männern Mut und Standfestigkeit schenken.“, las er langsam und betont vor und linste aus den Augenwinkeln heraus zu Takai, während sich aus dem anfänglichen Schmunzeln ein breites Grinsen bildete.

„Sie hilft übrigens auch bei Prüfungsangst, wobei ich da eher den Zahn einer Schlange vorschlagen würde.“, mischte sich die Dame die als Verkäuferin diente freundlich ein, was ihn in diesem Falle aber mit Müh und Not ein Auflachen unterdrücken lies, welches nun als Glucksen und getarntes Hüsteln endete.
„Danke, ich bleib lieber bei der Standfestigkeit.“, erwiderte Kigan amüsiert und trat einen Schritt weiter um sich das Sortiment an Anhängern weiter anzusehen, die einst an lebenden Wesen gehangen hatten.

Natürlich, als hätte er das nötig. Wahrscheinlich genauso nötig wie der Werwolf irgendetwas zur Standfestigkeit gebrauchen konnte. Gerade diese Dinge, die ohnehin mit in ihrer Rasse „inbegriffen“ waren. Wozu etwas für seine Ausdauer tun wenn es nur minimalen Kraftaufwand benötigte alles auf das doppelte hochzuschrauben? Genauso wie Wölfe von natur aus eine gewisse Stärke besaßen – die er leider nur in Maßen verspürte, da er zu den Philar zählte. Aber was solls, man konnte nicht alles haben und bisher hatte er keinen Grund gehabt sich zu beschweren.

Kigan wusste das längst nicht alle Tiere für die Hingabe ihrer Krallen, Schnurhaare oder diversen anderen „Körperteilen“ die hier als Schmuck oder Glücksbringer aushangen leiden mussten. Vieles wurde ohnehin abgeworfen und am noch lebenden Körper ersetzt. Man musste schließlich bedenken das Zauberer und andere magische Wesen die Tiere als Lebewesen akzeptierten und sie zum Teil selbst hielten. Davon ab gab es hier in den teureren Abteilungen Dinge wie „Hippogreifkrallen“, „Nifflernasen“, „Crupschwänze“, von denen er nicht genau wusste wozu sie gut sein sollten, oder Stachel von einem Knarl. Wie würde es denn aussehen wenn jemand auf die Jagd nach solchen besonderen Wesen ging? Sicher war das er sich damit nicht besonders beliebt machen würde.

Was jedoch im Augenblick die Aufmerksamkeit Kigans’ an sich riss waren die funkelnden Steine, für die er sich in die Hocke lassen musste. In einem der unteren Regale waren ganz besondere Schmuckstücke ausgelegt, die mittels Handarbeit in kleinen silbernen oder goldenen Fassungen eingearbeitet wurden und an einem Lederband beliebig am Körper fixiert werden konnten. Einer dieser Steine interessierte den Vampir besonders. Er glühte in einem schwachen gelb, sodass die äußerste Schicht zusätzlich golden glänzte. Sie erinnerten ihn irgendwie an die Augen seines Begleiters. Die dezenten und verschnörkelt angebrachten Drahte in gleicher Farbe bildeten die Halterung für das schwarze Lederband. Die Oberfläche schien ganz weich zu sein, sodass, wäre keine Glasscheibe vor den Schmuckstücken vorhanden, er dem Drang hinein zu fassen und ihn zu berühren, hätte wiederstehen müssen.

„Ein Vergissmeinnicht...?“, verließ es fragend, jedoch nur sehr leise die Lippen des Untoten, als die hellen Augen etwas lila schimmerndes im Kern des Steines entdeckt hatten. Es war nur schwach und bei genauem Hinsehen zu erkennen wenn das Glühen etwas stärker wurde, bevor es wieder abschwächte.
„Sehr richtig. Dieses Exemplar ist etwas besonderes. Er-“
Bevor die Verkäuferin, die heimlich an ihn herangetreten war, weitersprechen konnte, erhob Kigan seine Hand und unterbrach sie. Der junge Slytherin wusste was die Bedeutung dieser Pflanze war, somit dürfte die Bedeutung und angebliche Wirksamkeit nicht weit entfernt liegen. In einer flüssigen Bewegung richtete er sich wieder aus seiner Hocke auf, nickte und deutete kurz hinab. Selbst wenn er mit den letzten beiden Aktionen in der er die Dame unterbrochen und vielleicht einen merkwürdigen Eindruck hinterlassen hatte, machte es die Zusage zu einem der Ausstellungsstücke mittlerer Preisklasse wieder wett. Ein erfreutes Lächeln schlich sich auf ihre Züge und sofort begann sie in einer versteckten Tasche ihres Kleides einen Schlüssel heraus zu kramen, mit der sie die Glasscheibe im Regal öffnen und den Stein am Band hinausnehmen konnte. Kigan folgte ihr zur Theke und bezahlte das Objekt an dem er Gefallen gefunden hatte.

„Wenn du noch willst können wir jetzt was warmes trinken gehen.“
Während seiner Worte landeten die Sickel leise klimpernd auf der hölzernen Fläche vor sich.
„Vielen Dank und beehrt mich bald wieder!“, verabschiedete sich wenig später nach dem schließen der alten Kasse die Verkäuferin. Kigan glaubte nicht das Takai an etwas Gefallen gefunden hatte, nachdem er dessen Blick gesehen hatte. Mit seinem Umdrehen zu eben jenem hatte der Slytherin das Schmuckstück am Lederband hoch genommen und führte dieses zunächst in seine Manteltasche, ehe er sich zum Ausgang des Ladens bewegte.

tbc ~> Die drei Besen